Klausurtagung der „Kommunalen Altenhilfe Bayern“ – Freiheit erforderlich, die Dinge weiterzuentwickeln
BAYERN. Seit Dezember 2016 besteht die Kommunale Altenhilfe Bayern – ein Netzwerk von Pflegeeinrichtungen der Städte, Landkreise und Gemeinden, seit Dezember 2019 in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft. Zum dritten Mal trafen sich die Mitglieder im oberbayerischen Beilngries zu ihrer Klausurtagung.
Hochrangige Gäste konnten von Vorstandssprecher Prof. Dr. Alexander Schraml begrüßt werden. Der bayerische Staatsminister für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek, die Chefin der AOK Bayern, Irmgard Stippler, Sophie Schwab von der DAK, Dr. Hülya Düber (Sozialreferentin der Stadt Würzburg und Vorsitzende des Sozialausschusses des Bayerischen Städtetages und Dr. Klaus Schulenburg vom Bayerischen Landkreistag nahmen Stellung zur aktuellen Pflegepolitik und zur Rolle der Kommunen in der Altenhilfe.
„Gemeinsam haben wir viel erreicht. Wir haben gute Strukturen, jetzt brauchen wir Veränderungsprozesse, wir müssen gestalten“, so begann der Staatsminister seine Ausführungen zur aktuellen Pflegepolitik. Angesichts der demografischen Entwicklung brauche es aber eine Revolution der Pflege. Die starren gesetzlichen Regelungen und die strikte Abgrenzung der Sektoren in der Pflege- und Krankenversicherung müsse mehr Flexibilität in den Kommunen vor Ort weichen. „Wir brauchen die Freiheit, Dinge weiterzuentwickeln“, so Holetschek.
Diese Auffassung unterstützte auch Stippler. Die Zusammenarbeit vor Ort und individuelle Lösungen seien unumgänglich. Es stelle sich die Frage nach einer nachhaltigen und planbaren Finanzierung der Pflege. Diese kann nur gesamtgesellschaftlich von allen beantwortet werden.
Werde dies nicht getan, wird sich Pflege zum Armutsrisiko entwickeln, ergänzte Schwab. Die geplante Pflegereform sei völlig unzureichend finanziert, eine solidarische Neuausrichtung sei dringend erforderlich. „Die aktuellen Rahmenbedingungen genügen dafür nicht“, so die bayerische DAK-Chefin.
Dr. Klaus Schulenburg (Bayerischer Landkreistag) verwies darauf, dass die angesprochenen Probleme und möglichen Lösungen längst bekannt sind. Es scheitere nicht am Wissen, sondern an der Umsetzung. „Die Abfolge von immer häufigeren Reförmchen überfordert das System und überfordert die Menschen. Entbürokratisierung kann nicht durch mehr Gesetze und Paragraphen gestaltet werden, sondern nur durch eine Vereinfachung der Systeme und des Leistungsangebots im Gesundheits- wie im Pflegesystem“, so Dr. Schulenburg.
Die Bedeutung kommunalen Engagements in der Altenhilfe stellte besonders Dr. Düber in den Vordergrund. Sei es in der Beratung oder Planung, Städte und Landkreise müssen aktiv werden. Auch beim Betrieb von Pflegeeinrichtungen werden die Kommunen künftig gefragt sein. „Die Pandemie hat gezeigt, dass auf sie Verlass ist“, so die Würzburger Sozialreferentin abschließend.
Die Position der KABayern skizzierten die beiden Vorstandsmitglieder Ulrich Gräf und Michael Pflügner. Der neu gewählte Bundestag müsse umgehend unter Beteiligung der Verbände eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung angehen. Die Finanzierungsbasis muss verbessert werden und die Leistungen flexibler gestaltet werden. Kritik äußerte der Vorstand der KABayern an der Tastsache, dass mit der Heimaufsicht (FQA) und dem Medizinischen Dienst zwei Institutionen mit dem nahezu identischen Prüfinhalt in die Pflegeheime kommen. Für Pflegekräfte bedeute dies eine unnötige zusätzliche Belastung. An den Staatsminister appellierte Schraml, die staatliche Investitionsförderung für Neubau und Sanierung wiedereinzuführen, um die Höhe der Heimentgelte in einem erträglichen Rahmen zu halten.
„Es war wie immer eine sehr bereichernde Tagung. Der persönliche Austausch mit Staatsminister Holetschek, mit dem Landkreistag, mit den Pflegekassen aber auch insbesondere mit Kolleginnen und Kollegen aus ganz Bayern hat wieder gezeigt, wie wichtig unsere Genossenschaft ist“, so Eva von Vietinghoff-Scheel, Geschäftsführerin der Senioreneinrichtungen des Landkreises Würzburg. Mit der Generalversammlung endet die Tagung.
Aufgenommen werden konnten mit einstimmigem Beschluss drei neue Mitglieder: die Carl-von-Heß´sche Sozialstiftung, das Seniorenzentrum Beilngries und die Kreisseniorenheime Landkreis Landsberg am Lech. Damit gehören nun 21 kommunale Träger zur Genossenschaft.